Von: Astrid Freyeisen, Bayerischer Rundfunk

Für die Chinesen werden deutsche Firmen zunehmend dann wichtig, wenn sie helfen, die großen Probleme der Volksrepublik zu lösen – vor allem die immense Umweltverschmutzung. Deshalb entsteht in der Hafenstadt Qingdao in Bayerns Partnerprovinz Shandong ein deutsch-chinesischer Ökopark. Darin siedelt das German Enterprise Centre mittelständische Firmen an, vor allem solche für Umwelttechnik. mehr/wert hat die deutsche Managerin des Centres Kerstin Kaehler drei spannende Tage lang in ihrem ungewöhnlichen Alltag begleitet.

Kerstin Kaehler war 17, als sich ihr Schicksal in nur drei Wochen entschied: Ein Austausch ihrer Hamburger Schule brachte sie nach Shanghai. Als sie zurück nach Hamburg kam, war ihren Eltern klar: Das Land, in dem ihre Tochter leben würde: China. Und so kam es.

Studium in Nanchang

Kerstin Kaehler studierte in Ludwigshafen am Ostasieninstitut BWL. Richtig gut wurde ihr Chinesisch durch ein Jahr in Nanchang in der südlichen Provinz Jiangxi. Denn in den 90er Jahren gab es in Nanchang kaum Ablenkung. Das passte zu Kerstin Kaehler:

“Ich bin aus Abenteuerlust in China. Als ich etwa sieben war, war mir klar, dass ich mal mit Winnetou über die Prärie reiten würde. Aus dieser Phase ist mir die Abenteuerlust geblieben. Ich wollte an einem Ort leben, der ganz anders ist als Deutschland. Was nicht heißt, dass ich Deutschland nicht mag. Aber das kenne ich ja schon.” – Kerstin Kaehler

20 Jahre in China – noch immer ein Abenteuer

Standtafel mit der Aufschrift “GECQ – German enterprise centre Qingdao” | Bild: BR
Seit 20 Jahren arbeitet Kerstin Kaehler in China. In Shanghai vertrat sie unter anderem eine deutsche Firma für Porzellan. Und sie arbeitete im German Centre, wo deutsche Firmen Büroflächen mieten können.

2016 wagte sie Neues: Kerstin Kaehler zog weg aus der Metropole Shanghai mit ihren weit über 20 Millionen Einwohnern. Der neue Job war die Geschäftsführung im German Enterprise Centre in der Hafenstadt Qingdao, über 500 Kilometer nördlich in Bayerns Partnerprovinz Shandong. Mit ihren drei chinesischen Kollegen Lu Han, Sun Cao und Chen Yingjie betreut sie seit 2016 mittelständische Firmen bei der Ansiedlung im Ökopark.

Derzeit sind es 12, drei davon aus Bayern: JIC Energy aus Fürth, Grünbeck Wasseraufbereitung aus Augsburg, und das Planungsbüro Obermeyer aus München, verantwortlich für den Entwurf des Bürogebäudes fürs Enterprise Centre. Dachgesellschaft des Ökoparks ist ein chinesischer Staatsbetrieb.

“So spannend war bisher keine andere meiner Stationen. Die Entscheidungswege sind sehr lang, weil sich so viele Leute einigen müssen. Es ist ein bisschen wie in der EU.” – Kerstin Kaehler

Da kann es schon passieren, dass ein halbes Jahr vergeht, bis Verkaufspreise für Immobilien klar sind. Wenn denn eine Vorschrift aus den 80ern eingehalten werden muss. Kerstin Kaehler findet, dass ihr elterliches Erbe – “hanseatische und unterfränkische Sturheit” – bei guten Lösungen hilft.

Eine Wohnung im 30. Stock

Sie fühlt sich wohl in Qingdao, wo sie als Single in einem Hochhaus im 30. Stock wohnt, aber mit einem Künstlercafé im Erdgeschoss. Ihre chinesischen Kollegen zeigten große Zuneigung, als sie ihr zu Weihnachten einen Backofen für ihre geliebten Waffeln schenkten.

Und mit ihren Shanghaier Gasteltern steht Kerstin Kaehler noch immer in Kontakt. Die leben aber mittlerweile in den USA.